Mein Schiff 3 wird Forschungsschiff
Forschung auf einem Kreuzfahrtschiff? Was ungewöhnlich klingt, haben das Helmholtz-Zentrum Geesthacht (HZG) und TUI Cruises endgültig umgesetzt.
Möglich macht dies eine Kooperation, die bereits vor rund sechs Jahren ihren Anfang nahm und nun mit dem Einbau der letzten Messgeräte – für Schwefeldioxid und Kohlenmonoxid – einen Höhepunkt erreicht. Zusätzlich sind eine so genannte FerryBox und ein Quecksilbersammler mit an Bord. Alle Geräte sind auf dem Kreuzfahrtschiff Mein Schiff 3 von TUI Cruises installiert und arbeiten selbstständig, ohne dass Techniker und Wissenschaftler die Prozesse ständig steuern müssen.
Quecksilberbelastung messen und verorten
An Bord überwacht der Umweltoffizier den Ablauf und wechselt in bestimmten Abständen die Filter. „Wir unterstützen die Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums Geesthacht sehr gerne, da wir so einen Beitrag zur Umweltforschung leisten können und gleichzeitig für uns interessante Erkenntnisse sammeln“, so Wybcke Meier, CEO von TUI Cruises. Während die FerryBox das Meerwasser analysiert, handelt es sich bei den anderen Instrumenten um atmosphärische Messgeräte. Die Wissenschaftler wollen mit Hilfe der drei Geräte zwei Sachverhalte gleichzeitig untersuchen: die regionale Quecksilberbelastung und die Herkunft der Luftmassen. Abteilungsleiter der Umweltchemie, Prof. Ralf Ebinghaus, am Helmholtz-Zentrum Geesthacht verdeutlicht die Überlegungen: „Wenn ich ausschließlich die Quecksilberkonzentration messe, habe ich noch keine Informationen, wie ich diese bewerten soll. Dies gelingt erst, wenn ich die anderen Luftbestandteile ebenfalls analysiere.“
Abgasfahnen von Schiffen identifizieren
An dieser Stelle kommen das Schwefeldioxid- und das Kohlenmonoxid-Messgerät ins Spiel. Denn abhängig davon, ob Schwefeldioxid oder Kohlenmonoxid in der Luft sind, können die Forscher verschiedene Schlüsse ziehen. „Bei Schwefeldioxidfahnen handelt es sich auf dem offenen Meer mit hoher Wahrscheinlichkeit um Schiffe als Quellen, da ihr Treibstoff einen relativ hohen Schwefelgehalt hat“, urteilt Ebinghaus. Auf der „Mein Schiff 3“ wollen die Forscher so Abgasfahnen von vorwegfahrenden Schiffen identifizieren. Anders verhält es sich mit Kohlenmonoxid. Hier kommen sowohl die Industrie als auch natürliche Ursachen wie Waldbrände in Frage, die beide als Quecksilberquellen bekannt sind. „Wir schauen zusätzlich nach dem Mischungsverhältnis, um weiter unterscheiden zu können, und wir orientieren uns zum Beispiel auch an Brandmeldungen.“
Ständiger Blick ins Wasser
Neben den atmosphärischen Untersuchungen liefert das Messsystem FerryBox einen ständigen Blick ins Wasser unter dem Kreuzfahrtschiff. Die FerryBox steht im Maschinenraum, um einen direkten Zugang zum Seewasser zu haben. Im Inneren befindet sich eine Pumpe, die kontinuierlich Meerwasser durch die Anlage pumpt, wobei das Wasser an verschiedenen Sensoren vorbeifließt. Sie messen alle relevanten ozeanografischen Parameter wie den Salzgehalt, pH-Wert, Sauerstoff und Chlorophyllgehalt. Alle Informationen fließen in die Datenbank des Küstenbeobachtungssystems COSYNA (Coastal Observing System for Northern and Artic Seas) ein und stehen Forschern weltweit zur Verfügung.
Kostengünstige Forschung bei Wind und Wetter
„Die wissenschaftlichen Anlagen an Bord messen rund um die Uhr und bei Wind und Wetter. Die Technik ist wartungsarm und im Vergleich zu Forschungsreisen in ihrer Anschaffung günstig“, erläutert Prof. Burkard Baschek, Leiter am Institut für Küstenforschung des Helmholtz-Zentrums Geesthacht. Zum Vergleich: Der Preis für alle vier Messgeräte inklusive Einbau beläuft sich auf rund 150.000 Euro. Bei einem kleinen Forschungsschiff liegen allein die Betriebskosten bei rund 10.000 Euro pro Tag.
„Auswirkungen auf Umwelt möglichst gering halten“
„Diese Kooperation liegt uns sehr am Herzen und es ist stets unser Ziel, die Auswirkungen unserer Kreuzfahrten auf die Umwelt so gering wie möglich zu halten. Mit der Mein Schiff 3 und unserem gerade fertig gestellten Schiff, der Mein Schiff 4, setzen wir schon heute neue Umweltstandards“, betont CEO Wybcke Meier von TUI Cruises. So verbrauchen die beiden neuen Kreuzfahrtschiffe mehr als 30 Prozent weniger Energie, und damit weniger Treibstoff, als vergleichbare Schiffe. Zudem ist an Bord eine neuartige Technologie zur Abgasnachbehandlung, eine Kombination aus Entschwefelungsanlage und Katalysator eingesetzt, welche die Schwefelemissionen um bis zu 99 Prozent, die Stickoxide um bis zu 75 Prozent und den Partikelausstoß um bis zu 60 Prozent senkt. „Damit werden die Luftschadstoffe auf Werte reduziert, die schon heute unter künftigen gesetzlichen Vorgaben liegen“, sagt Meier.
Pressemeldung vom Helmholtz-Zentrum Geesthacht