Interview mit Cunard-Kapitän Inger Thorhauge
Unnerröck an Bord, dat gifft Malheur! Das war einmal! Oder doch nicht? Noch immer stellen wir uns wohl eher einen Mann vor, wenn wir vom „Kapitän auf großer Fahrt“ sprechen. Und tatsächlich: Weltweit gibt es nach wie vor nur eine Handvoll weiblicher Kapitäne auf Kreuzfahrtschiffen, in Deutschland sind es rund zehn.
Royal Caribbean Cruises machte den Anfang, hier trägt seit 2007 die Schwedin Karin Stahre-Jansen die erhabenen vier Streifen. Auch auf der ehemaligen MS Deutschland, noch unter Peter Deilmann, hatte ab 2013 eine Frau das Sagen. Die Auslese ist also gering, eine Studie der Hochschule Bremen von 2008 besagte, dass gerade einmal 14% der Nautik-Studierenden dort weiblich sind. Dennoch: Das Interesse von Frauen am Studiengang wächst kontinuierlich. Und auch wenn es sicher noch immer das ein oder andere Vorurteil zu bekämpfen gibt, sind die Umstände heute wesentlich angenehmer als noch vor einigen Jahrzehnten: In den 1930er und 1940er Jahren verkleidete sich die Hamburgerin Annaliese Teetz (1910-1992) noch als Mann, um überhaupt an Bord arbeiten zu können. 1956 erlangte sie schließlich ihr Kapitänspatent, durfte allerdings in der Praxis nie das Steuer eines Schiffes übernehmen.
Einen beachtlichen Karriereweg hat auch die auf den Färöer-Inseln geborene Inger Klein Thorhauge zurückgelegt. Sie ist seit dem 1. Dezember 2010, damals noch als Inger Olsen, im höchsten Grad verantwortlich bei Cunard, wo sie bereits auf verschiedenen Queens über die Weltmeere tourte. Aktuell ist als Kapitän mit der Queen Elizabeth unterwegs.
Kurzinterview mit Inger Thorhauge
Wir durften Inger Klein Thorhauge ein paar Fragen stellen und haben festgestellt, dass man dieser Kapitänin so einige Schiffe anvertrauen möchte – und dass eine „Seefrau“, wie sie zwar durchaus Fisch mag, dabei aber einen durch und durch (erd)bodenständigen Filmgeschmack haben kann.
Was ist Ihr Lieblingsort an Bord?
Die Brücke.
Was ist die letzte „Amtshandlung“ eines Kapitäns am Ende seines Arbeitstages?
Noch einmal auf der Brücke nach dem Rechten sehen und dann die Anordnungen für die Nacht schreiben.
Was ist Ihr Lieblingsfilm?
BlÃ¥ mænd. (engl. Titel „Take the trash“: Dänische Komödie über einen erfolgreichen IT-Geschäftsmann, der auf einmal alles verliert und durch seine Sozialstunden bei der lokalen Müllabfuhr versteht, was im Leben wirklich zählt, Anm.d.Red.)
Wer sind Ihre Vorbilder? Gibt es jemanden, der für Kapitäne das bedeutet, was Bach für Musik bedeutet?
Es gab viele Vorbilder im Laufe der Jahre, ich erinnere mich allerdings nicht mehr an ihre Namen.
Gibt es einen Hafen, den Sie überhaupt nicht mögen?
Eigentlich nicht.
Was war die schwierigste Entscheidung, die Sie im Laufe ihrer Karriere treffen mussten?
Es gibt immer wieder Herausforderungen, aber nichts, wofür wir nicht ausgebildet wären.
Haben Sie Tattoos?
Nein.
Bevorzugen Sie Fisch oder Fleisch zum Abendessen?
Fisch.
Was macht den größten Teil ihrer täglichen Arbeit aus und wo findet er statt?
Die Navigation auf der Brücke, die Interaktion mit Crew, Offizieren und Passagieren auf dem Schiff.
In einem Interview sprachen Sie von Ihrer „Neugierde, die Welt zu entdecken“. Welcher Ort hat Sie überwältigt?
Neuseeland.
Was ist die unangenehmste Aufgabe für einen Kapitän?
Menschen zu entlassen.
Was haben Sie heute vor?
Ich habe Urlaub.
Wer würde Sie im Krankheitsfall ersetzen?
Ich werde nicht krank. Sollte etwas passieren, ist der stellvertretende Kapitän dafür ausgebildet, umgehend zu übernehmen.
In einem Interview werden Sie nach Ihren weiteren beruflichen Ambitionen gefragt. Sie antworten: „Ich möchte einfach diese wunderschönen Schiffe fahren.“ Welch großartige Aussage. Was genau macht, in kurzen Worten, für Sie die Schönheit eines Schiffes aus?
Die Menschen auf dem Schiff.
Wir bedanken uns bei Inger Klein Thorhauge für das Kurzinterview.