Costa Concordia und kein Ende? Endlich der Schuldspruch für Francesco Schettino
Am 11. Januar 2015 ist der Kapitän des havarierten Kreuzfahrtschiffs Costa Concordia, Francesco Schettino, nach anderthalb Jahren Prozess vom Gericht in Grosseto, Toskana, zu 16 Jahren und einem Monat Haft verurteilt worden. Ein Kommentar von Stefanie Claus.
Die Costa Concordia war am 13. Januar 2012 auf einen Felsen gefahren und gesunken, nachdem sie zu nah an die Insel Giglio gesteuert worden war. Bei dem Unglück starben 32 Menschen, darunter zwölf Deutsche. Ihr Ex-Kapitän Schettino erlangte ob seiner Inkompetenz, Verantwortungslosigkeit und Dummheit traurige Berühmtheit. Er hatte sich während der Rettungsarbeiten vom Schiff in Sicherheit gebracht, behauptete aber, in das Rettungsboot gefallen zu sein. Wie geht es nun weiter?
„Vada a bordo, cazzo!“ („Gehen Sie verdammt noch mal an Bord!“) – an das Telefonat des wütenden Hafenkommandanten von Livorno Gregorio de Falco mit Kapitän Francesco Schettino, in dem er ihn mehrfach und zunehmend wütend zurück auf sein havariertes Schiff beorderte, erinnert sich in Italien jeder. (Spiegel Online und Corriere della Sera) Es wurde zum Symbol zweier grundsätzlich gegensätzlicher Verhaltensweisen typisch in Italien: Pflicht- und Verantwortungsbewusstsein auf der einen und verantwortungslose Dummheit auf der anderen Seite.
Schuldig in allen Punkten
Das Gericht in Grosseto unter Leitung von Richter Giovanni Puliatti hat Schettino nicht geglaubt. Das ist was für die Staatsanwältin Maria Navarro zählt, auch wenn das Gericht letztlich mit seinem Urteil hinter ihrer Forderung von 26 Jahren weit zurückblieb. Lediglich die Schwere der Schuld für mehrfachen Totschlag sei nicht anerkannt worden, woraus sich die Differenz von zehn Jahren bei der Strafe erklärt. Der leitende Staatsanwalt Francesco Verusio, mittlerweile pensioniert, sagt hinsichtlich des weiteren Verfahrensverlaufs: Schettino hätte besser das verkürzte Verfahren (rito abbreviato) gewählt, denn seine Schuld sei offensichtlich für alle. So hätten alle gewonnen: Schettino selbst, da das Strafmaß um ein Drittel reduziert worden wäre (bei Verzicht auf Revision) und die Italiener, denen die Kosten einer langwierigen Revision erspart geblieben wären (La Stampa).
Schettino selbst erkennt vor allem die Verurteilung für das Verlassen des Schiffs nicht an und will in Revision gehen, um sich hiervon reinzuwaschen. Er hatte das Verlesen des Urteils nach achtstündiger Beratung des Gerichts nicht im Gerichtssaal, sondern im Haus seines Bruders am Bildschirm verfolgt. Am schwersten zu schaffen mache ihm, nun auch vom Gericht als Feigling anerkannt zu sein. (Die Welt hatte dies anhand des Telefonats mit dem Hafenkommandeur schon längst entschieden.) Immerhin befand das Gericht zusätzliche Sicherungsmaßnahmen gegen Flucht wie den Entzug des Passes für nicht notwendig. Öffentliche Ämter hingegen darf Schettino niemals mehr bekleiden. Sein Kapitänspatent wurde ihm für fünf Jahre entzogen (La Stampa).
Reaktionen auf das Urteil
Das juristische Fairplay gebietet mit den Reaktionen auf das Urteil bis nach der Urteilsbegründung zu warten. Diese wird binnen 90 Tagen erwartet. Doch die Verteidigung, die auf Freispruch plädiert hatte, hat bereits angekündigt, in Revision gehen zu wollen. 16 Jahre für 32 Menschenleben – die Staatsanwaltschaft hingegen wird dies aufgrund einer als zu gering empfundenen Strafe tun. Für eine Entscheidung hinsichtlich einer Revision werden beide Seiten die Urteilsbegründung abwarten müssen, um nachfolgende Schritte zu bewerten. Der ehemalige leitende Staatsanwalt Francesco Varusio ist direkter: Die Strafe ist unzureichend, eine Berufung folgt auf dem Fuß.
Schettino selbst fühlt sich ungerecht behandelt und verfolgt, von den Medien, von allen. Neben dem Schmerz für die Unglücksopfer seien da neben den hohen Entschädigungen (12,3 Mio. zusätzlich zu den Prozesskosten) auch beängstigende ökonomische Interessen im Spiel, so Schettino, der keinesfalls über das nun notwendige Vermögen verfügt. Seine Verteidiger sagen klar: Im Vergleich mit den anderen in das Unglück verwickelten Mannschaftsmitgliedern sei die Strafe zu hoch.
Die Reederei Costa Kreuzfahrten hält das Urteil nach den Worten ihres Anwalts Marco de Luca für ausgewogen. Es beziehe alle Interessen mit ein, wenn man dies bei 32 Todesopfern so nennen könne. Auch die Urteile der Zivilklagen seien im Einklang mit dem, was die Reederei den verletzten Opfern und den Hinterbliebenen angeboten hätte.
Fazit
Ein Gerichtsurteil kann niemals Gerechtigkeit bieten. Ein Aufwiegen einer Strafe mit Todesopfern ist schlecht möglich. Allenfalls Vergleiche mit ähnlichen Fällen (davon gibt es keine in Italien) sind möglich. Was bleibt, ist die Erinnerung an bodenlos schlechten Stil des Kapitän-Feigling. Schließlich weiß jeder, dass der Kapitän für seine Passagiere die Verantwortung trägt und im Unglücksfall das Schiff zuletzt verlässt. Nicht zuletzt daraus (und nur daraus) speisen sich ihm entgegengebrachte Achtung und Respekt.